Frage

Kann die Performanz der Partizipation gleichgesetzt werden?

Antwort

Der Begriff der "Performanz" leitet sich aus dem Original-Text: "performance" ab. Dieser Begriff ist in der deutschen Ausgabe mit "Leistung" übersetzt worden.

 "Performanz" / "Leistung" beschreibt, was "ein Mensch in seiner gegenwärtigen, tatsächlichen Umwelt tut. Weil die übliche Umwelt seinen Leistung auch das "Einbezogensein in eine Lebenssituation" oder die "gelebte Erfahrung" von Menschen in ihrem üblichen Kontext, in welchem sie leben, verstanden werden." (ICF-DIMDI 2004, S 20 und Anhang 2)

Leistung / Performanz wird zur Beschreibung / Bewertung / Skalierung der Partizipation und der Einschränkungen der Partizipation herangezogen. Dabei handelt es sich um ein Konstrukt, um die individuelle Befragung der Partizipation (Einbezogensein in Lebenssituation) zu umgehen.

Im Kontext der Rehabilitation kann Performanz nur eingeschränkt beurteilt werden, da es sich in der Regel nicht um die "gegenwärtige, tatsächliche Umwelt" handelt - außer die Beobachtung findet im häuslichen Umfeld statt - und die betroffenen Personen fühlen sich völlig frei von jeder Beobachtung (in der Regel nicht realisierbar).

Besser geeignet ist die Betrachtung der Leistungsfähikeit (Kapazität, orig. "capacity" - jeweils mit / ohne Hilfe - Hilfsmittel) da diese Betrachtungsweise die Beobachtung / Bewertung durch Dritte (Behandler, Gutachter, etc.) mit berücksichtigt.

(siehe auch: ICF-DIMDI 2004, S 20 und Anhang 2)

Klemens Fheodoroff

Frage

Gibt es genaue gesetzliche Vorgaben wie oft dokumentiert werden muss und wann? Wo ist dies nachzulesen?

Meine Information ist die Verpflichtung zur regelmäßigen Dokumentation. Ich bin davon ausgegangen, dass dies nach jeder Therapieeinheit gegeben wäre. Eine Kollegin ist der Ansicht regelmäßig sei auch erfüllt wenn 1 mal die Woche und bei etwaigen außergewöhnlichen Vorkommnissen dokumentiert wird.

Eva Kohla

Antwort

Meines Wissens besteht lediglich die gesetzliche "Verpflichtung zur Dokumentation" ohne nähere Angabe zu Art und Umfang. Aus der forensischen und gutachterlichen Praxis ist das Kriterium der "Nachvollziehbarkeit" ein wichtiges Maß. 

Zu unterscheiden sind: "Befunddokumentation" (= Dokumentation der Funktionsfähigkeit zu bestimmten Zeitpunkten, z.B. zu Beginn und zu Ende einer Therapie) von "Leistungsdokumentation" (= Dokumentation der erbrachten Leistung in Art und Umfang zu Verrechnungszwecken bzw. Leistungsnachweis)

 

Insbesondere die Befunddokumentation (Funktionsfähigkeit) kann dabei durchaus auch arbeitsteilig und interdisziplinär erfolgen. Ich teile die Meinung Ihrer Kollegin, dass der fachspezifische Anteil der Dokumentation der Funktionsfähigkeit spärlich ausfallen kann, sofern das Kriterium der Nachvollziehbarkeit erfüllt ist und keine gravierenden Lücken vorliegen. Gerade hier ist eine der Stärken der ICF als Klassifikation, aus der man Elemente entnehmen kann, angesiedelt.

Klemens Fheodoroff

Frage

Ich bin Schülerin der Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege in Leoben und habe vor, in meiner Abschlußarbeit das Thema "Vergleichende Darstellung von Functional Independent Measure (FIM) und ICF" zu behandeln. Ich ersuche Sie, mir eine für den Rahmen meiner Arbeit( nicht gerade universitär aber doch den Kriterien wissenschaftlichen Arbeitens enstprechend) geeignete Literatur zur ICF zu empfehlen.

Maria Kaltenegger

Antwort

Schwieriges Thema, ein etabliertes Assessment-Instrument (FIM ist m.E. eine im Vergleich zum ICF eng gesteckte, aber validierte und verbreitete ADL-Skala) mit einer Klassifikation, die eben KEIN Assessment-Instrument ist, zu vergleichen.

Als Literatur empfehle ich Ihnen: Meyer, Almut-Hildegard: Kodieren mit der ICF: Klassifizieren oder abklassifizieren? Edition S (2004) ISBN 3-8253-8315-6. Weiters die ICF-DIMDI-Originalversion. Falls Sie sie nicht haben, sende ich Sie Ihnen gerne als pdf-Datei zu (allerdings 5MB gross, daher nur über ADSL empfehlenswert.) 

Klemens Fheodoroff

Frage

In Ihrer Vorlesung sprechen Sie von Ihrem Experiment mit der Zielbefragung von 609 Patienten woraus in dritter Position die Häufigkeit körperfunktionsbezogene Ziele (v.a. neuro-skelettal) formuliert worden sind. Etwas später auf die Frage wie Ziele formuliert werden sollen unterstreichen Sie die Wichtigkeit, dass diese aktivitäts-aktionsorientiert formuliert werden sollen und nicht körperfunktionsorientiert (Eigenschaften beschreibend).... Auch wenn es eben wie es bei der Befragung herausgekommen ist für einige Patienten wichtig ist? Soll man nicht einen Unterschied machen, ob man im akuten Bereich ist, wo zuerst mal die Diagnosestellung u. Behinderung auf Körperfunktionsebene zu definieren und evaluieren wesentlich ist oder in einer späteren Reha-Phase (schon FrühReha)ist, wo die wirklich fehlenden Aktivitäten Patienten bezogen klarer als Mängel sich zeichnen und auch als Ziel unter Messkontrolle und Berücksichtigung der Kontextfaktoren formuliert werden können? Es gibt eine Reihe von so genannten Assessments, die nur aufgrund einer subjektiven Angabe des Patienten oder Beobachtung des Therapeuten oder Angehörigen durchzuführen sind und die eine Art Bewertung, Skalierung auch nur sind(auch +/- Kontextfaktoreneinbeziehung) .... was ist der Unterschied zu den skalierbaren Konstrukten der ICF; diese Art von Assessments sind in Wirklichkeit auch keine Assessments sondern skalierte Konstrukte, Skalen (ich denke an die VAS, BORG-Skala, 10m-test, FAST bei Demenz....)? Dann ist die Frage, in wieweit bringen sie mehr als die ICF? Meinen Sie mit "Engstirnigkeiten" z.B. Ziele à la Bobath wie z.B. Beibehalten des Körper-Alignment ohne unangemessene Tonussteigerung in Einbeinstandssituationen.... Was wäre Ihrer Sicht nach, die Lösung gegen Redundanzen in der Dok.; wenn nur eine Berufsgruppe fragen soll, darf.... dann welche aber wieder? Und wie überzeugt man die anderen oder sich selbst mit "fremden" Infos.... Oder meinten Sie: schon fragen, selbst erfassen und erfahren aber nicht alles dokumentieren, was man erhoben hat (was aber den Patienten von Redundanzen nicht schont)? -Delphine Giuliani-

Antwort

Es handelte sich nicht um ein "Experiment", sondern eine Analyse der von unseren Mitarbeitern schriftlich formulierten Ziele von 609 PatientInnen im Jahre 2005 nach Hauptkapiteln der ICF. Dabei stellte sich heraus, dass Mobilitätsziele dominieren vor Zielen auf der Ebene der Körperfunktionen und der Selbstversorgung. Dabei handelte es sich um den Nachweis eines "Blinden Flecks", den wir mittlerweile auszumerzen versuchen, indem andere Lebensbereiche ebenfalls in die Zielformulierung mit einbezogen werden.

Natürlich können Ziele auch auf der Ebene der Körperfunktionen formuliert werden (z.B. "Harnkontinenz tagsüber"; "Sicheres Schlucken von Weichkost"...); dann sind sie aber nicht handlungsorientiert, eröffnen aber ein gewisses Handlungsspektrum.

Welche etablierten Assessments eher und welche weniger ICF-konform sind ist Gegenstand einer Untersuchung in Deutschland. In jedem Fall müssen noch für viele Konstrukte der ICF passende Assessment-Verfahren und Skalierungskonventionen entwickelt werden.

Im ICF-Forum (www.icf.or.at) werden wir laufend darüber berichten.

Ihre Frage betreffend Redundanzen führt geradewegs zur Frage: Wer dokumentiert was - wozu - für wen - womit ... Der Ausweg ist eine dezentral verfügbare arbeitsteilige (idealerweise edv-gestütze) Dokumentationsstruktur. 

Klemens Fheodoroff

Frage

Mein momentanes Thema beschäftigt sich mit den Klassifikationen im Gesundheits- und Sozialsystem in Österreich. Ich wollte mich erkundigen ob Sie eventuell Literatur zu dem Feststellungsbescheid Richtsatzverordnung) im Gesundheitswesen hätten? Wird, um den Grad der Behinderung festzustellen, die ICF herangezogen? Könnten Sie mir dabei vielleicht ein Stück weit helfen? Ich finde kaum passende Literatur dazu! Auch welche Diagnose Verfahren dabei von den Ärzten angewendet werden würden mich sehr interessieren! das Bundessozialamt konnte mir diesbezüglich leider nicht weiter helfen!

Bernadette

Antwort

Zur Richtsatzverordnung gibt es tatsächlich nicht viel an Literatur (z.B. Emberger H. et al: Das ärztliche Gutachten. Wien, ÖÄK-Verlag; Scherzer E. et al: Handbuch der chirurgischen und neurologischen Unfallbegutachtung in der Privatversicherung. Wien: Maudrich-Verlag sowie eben die Richtsatzverordnung BGBl. Nr. 150/1965) Details finden Sei im Internet unter den genannten Begriffen.

Eine Überarbeitung der Richtsatzverordnung ist längst überfällig und wird von mehreren Stellen gefordert (u.a. Österr. Arbeitsorganisation der Behindertenverbände www.oear.or.at, Bundessozialamt, Selbsthilfe-Organisationen.... 

Ob die ICF als Rahmen für die neue Richtsatzverordnung herangezogen wird, entzieht sich meiner Kenntnis - ich befürchte, eher nicht. 

Klemens Fheodoroff

Unterkategorien